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/// DESIGN STORIES / Rudy Ricciotti im Gespräch
BETON
mit Köpfchen
RUDY RICCIOTTI
ARCHITEKTURBÜRO RUDY RICCIOTTI
PARIS (FRANKREICH)
RUDY RICCIOTTI STELLT SOWOHL SCHLAGFERTIGKEIT
ALS AUCH SINN FÜR ÄSTEHTIK UNTER BEWEIS. DER
ARCHITEKT AUS DER SÜDFRANZÖSISCHEN STADT
BANDOL HAT ES BEI DER FILIGRANEN ARBEIT MIT BETON
ZUM MEISTER GEBRACHT UND LÄSST ZWISCHEN KURVEN
UND SPITZEN DEN ZEMENT SPRECHEN. DAS „MUSEUM
DER KULTUREN EUROPAS UND DES MITTELMEERRAUMS
(MUCEM) ̋ IN MARSEILLE, DAS COCTEAU-MUSEUM IN
MENTON, DIE ABTEILUNG FÜR ISLAMISCHE KUNST
IM LOUVRE, DER „SCHWARZE PAVILLON“ IN AIX-EN-
PROVENCE – JEDES DIESER FEINGLIEDRIGEN UND
SYMBOLTRÄCHTIGEN WERKE IST EINE ODE AN DIE
SCHÖNHEIT. EIN DIREKTES GESPRÄCH ANLÄSSLICH
DES ERSCHEINENS SEINES NEUEN BUCHES L’EXIL DE LA
BEAUTÉ BEIM VERLAG TEXTUEL*.
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Die Welt von Rudy Ricciotti ist der Beton. Sie machen etwas In einer Metropole ist auch der Fußgängerverkehr sehr wichtig.
schönes und kühnes aus dem, was andere als kalt empfinden. Welche Rolle spielt der Architekt für das Leben in einem
„Beton und Spitzenhäubchen“, ist das Ihre Devise? Stadtviertel?
R.R.: In der Architektur mache ich keine Wortspiele; ich versuche R.R.: Der Architekt ist verantwortlich dafür, nachhaltige
in erster Linie fehlerfreie Sätze zu bilden. Aber eine Geschichte zu Schönheit und Würde zu schaffen. Der Maßstab des
erfinden erfordert von Zeit zu Zeit weibliche Präsenz. Im Laufe Fußgängers erscheint lächerlich angesichts des umfassenden
der Zeit und wissenschaftlicher Bemühungen sind meine Arbeiten Anblicks, der sehr viel gefühlvollere Gedanken eröffnet.
femininer, feingliedriger geworden. In der Weiblichkeit steckt eine Die Nutzung der Stadt und öffentlicher Orte beruht
konstruktive Erzählung, eine sozusagen auf die Spitze getriebene heutzutage auf neuen Verhaltensweisen und entspricht
wissenschaftliche Erfahrung. neuen Bedürfnissen. Stellen Sie auch den grundsätzlichen
Geht es in der heutigen Architektur auch darum, ein neues Trend fest, an öffentlichen Orten das Nützliche ansehnlich zu
Zeitgefühl zu schaffen, einen wenn auch flüchtigen Bruch in gestalten?
Raum und Zeit für den Betrachter? R.R.: Das ist kein Trend, das ist eine Notwendigkeit. Die gera-
R.R.: Eine Erzählung erfordert Beständigkeit, keinen dezu Unwohlsein hervorrufende Verunstaltung wirkt wie ein
Bruch. Es ist von wesentlicher Bedeutung, eine Geschichte Virus. Ich stelle keine wirkliche Entwicklung fest. In Zeiten von
zu erzählen, um das unvermeidliche Exil der Schönheit Neurosen und der Abhängigkeit von Werbung, Markensymbo-
abzuwenden. len und Konsumzwang schreitet der Pessimismus voran, trotz
Stadien, Museen und Universitäten in Lille, inzwischen mit dem der talentierten französischen Architekten.
Lillenium ein Einkaufszentrum und Museum – Ihre Bauwerke Sie kämpfen dafür, sich nicht mit dem Exil der Schönheit
richten sich an sehr verschiedene Personengruppen. Welche abzufinden?
Herausforderungen haben diese gemeinsam? R.R.: Sich für Schönheit zu entscheiden, wird heutzutage als
R.R.: Gemeinsame Herausforderungen sind die Fachkompe- Engagement, als Widerstand empfunden. Ich kämpfe gegen
tenz der jeweiligen Berufe und die Möglichkeit, französisches den Ausverkauf des Ästhetischen. Ich kann zwar Schönheit
Knowhow zu verteidigen sowie die, der lokalen Wirtschafts- nicht definieren, aber ich weiß, was Hässlichkeit ist. Gegen
struktur gerecht zu werden. die Verunstaltung der Städte und Landschaften zu kämpfen,
ist das nicht auch eine Art von Patriotismus?
Ihre Bauwerke weisen oft Produkte von DELABIE auf, kennen
Sie die?
R.R.: Ach ja, die Urinale! Das ist der Beweis, dass Marcel
*L'exil de la beauté, Verlag Textuel, 2019 Duchamp französische Produkte lieferte! Was mir als Patriot
Foto: ©René Habermacher durchaus recht ist!