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/// DESIGN STORIES / Shigeru Ban im Gespräch Shigeru Ban im Gespräch / DESIGN STORIES ///
Sie werden bisweilen mit dem Begriff „Notarchitekt“ Besteht nicht die Gefahr, dass solche Häuser beim ersten Sturm
beschrieben. Sind Sie einverstanden mit dieser Bezeichnung? zusammenbrechen oder wegfliegen?
Shigeru Ban: Mir geht es nicht so sehr darum, wie man mich S. B.: Nein, die Strukturen aus Papierröhren sind so konzipiert,
nennt, sondern eher darum, was ich tue. Ich beteilige mich an dass sie eine absolute Stabilität und Sicherheit gewährleisten
Projekten humanitärer Architektur und ich biete Notlösungen an, und eine entsprechende Pflege ermöglichen. Dazu gehören
um auf immer komplexere Natur- und humanitäre Katastrophen Spezialbehandlungen, durch die sie feuersicher und wasserdicht
zu reagieren. werden.
SHIGERU BAN Wie kamen Sie darauf, dass Pappe ein passendes Material für Provisorisch und nachhaltig, passt das zusammen?
Architekt des die Architektur sein könnte? Welches sind ihre wichtigsten S. B.: Ganz eindeutig. Auch ein für die Ewigkeit gedachtes
Eigenschaften?
Bauwerk verfällt, wenn es nicht geliebt wird. Hingegen kann ein
Bauwerk
ich
als
1986,
WESENTLICHEN für die Ausstattung einer Ausstellung zu Ehren des finnischen seine Bewohner B. stolz darauf sind. Das gilt für im chinesischen
Papierröhren
Mal
zum ersten
provisorisches
begann
sein
wenn
und
Volk
S. B.: Alles
dauerhaft
werden,
meiner
manche
Designers Alvar Aalto verwendete. Für die Verwendung von Holz
Schule
die
Kartonröhren
aus
wie
z.
Bauten
innerhalb
reichte damals das Geld nicht aus. Deshalb wich ich auf Rohre aus
Pappe aus. Dabei wurde mir bewusst, wie solide dieser Werkstoff Chengdu, die hat, und die von zehn Jahren mehrere Erdbeben
überstanden
katholische
Kirche
im japanischen
ist, und ich begann ihn eingehender zu untersuchen. Inzwischen Kobe, die 1995 entstand und dann Taiwan übereignet wurde, wo
ist er für mich unerlässlich beim Bau zahlreicher provisorischer sie heute noch steht.
Unterkünfte, um von Natur- und humanitären Katastrophen
heimgesuchten Ländern wie Haiti, Ruanda oder Japan zu helfen.
Papierröhren sind kostengünstig, wiederverwertbar, leicht
ANDERS ALS SO MANCHER ALS EINFÜHLSAMER aufzubauen und überall auf der Welt verfügbar. Nachteile weisen
BAUMEISTER AUFTRETENDER STARARCHITEKT sie kaum auf.
IST SHIGERU BAN EIN EHER ZURÜCKHALTENDER
PRITZKER-PREISTRÄGER. DER 2014 MIT DER
ALS „NOBELPREIS FÜR ARCHITEKTUR“ GELTEN-
DEN AUSZEICHNUNG GEEHRTE JAPANER ARBEI-
TET MIT VOLLSTÄNDIG WIEDERVERWERTBAREN
ORGANISCHEN WERKSTOFFEN WIE HOLZ, PAPIER,
PAPPE USW. EINE WILLKOMMENE ABWECHSLUNG
IN DEN NOCH ALLZU OFT VON STAHL UND BETON
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Paper Taliesin
Der 1957 in Tokio geborene Shigeru Ban entwirft seine Projekte von
jeher mit einem empfindsamen Blick auf die Welt der überbevölkerten
Megastädte Asiens. Seine Inspiration bezieht er aus der traditionellen
japanischen Bauweise mit verschiebbaren Papierwänden, durch die er
Räume zum Leben erweckt. Er schafft mobile und veränderbare, manchmal
vergängliche Strukturen, die nach außen hin offen sind und denen eine
gewisse fließende Poesie innewohnt.
Ihm war u. a. der Japanische Pavillon aus recycelten Papierröhren und
einem beeindruckenden Gewölbe mit Wabenstrukturen aus Holz auf der Paper Taliesin
EXPO 2000 in Hannover zu verdanken. In Asien und Afrika erschafft Cardboard Cathedral, Christchurch Paper Concert Hall, l'Aquila
er Notunterkünfte aus vor Ort zur Verfügung stehenden organischen
Werkstoffen für die Opfer von Klimakatastrophen und für politische
Flüchtlinge. In Frankreich entwarf er das inzwischen berühmte Zelt des
Centre Pompidou-Metz und gemeinsam mit dem Architekten Jean de
Gastines leitete er die Renovierung der Seine-Insel Île Seguin mit dem an
ein Schiff erinnernden Kulturzentrum Seine Musicale, ein durch und durch
umweltfreundliches Gebäude am südwestlichen Stadtrand von Paris.
In Zeiten, in denen unser Planet den homo oeconomicus mahnend daran
erinnert, seinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, zeugen Shigeru
Bans Bauten von solchen Tugenden wie Verantwortungsbewusstsein und
Humanismus. Eine Architektur des Wesentlichen.